Tellerrand

Narzissmus Test – Ein mentaler Rauchmelder

Dezember 5, 2024 | by info@tellerrand.ch

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Das Verlassen einer narzisstischen Beziehung oder Familie scheint so naheliegend. Als ob man ein brennendes Haus nicht fluchtartig verlassen würde. Das Problem ist das der destruktive Narzissmus, im Gegensatz zum schwelenden Feuer, gar nicht so einfach zu erkennen ist. Bei mir ist der Groschen erst nach 25 Jahren gefallen. Das hier ist eine Art Rauchmelder um zu erkennen ob du dich in einer egozentrischen Familie befindest.

Narzissmus an sich ist erstmal ein ganz normaler menschlicher Wesenszug und damit wertfrei. Eine Art mentales Aufplustern wenn wir herausgefordert werden oder mit einer Niederlage umgehen müssen. Wir machen uns ein bisschen grösser als wir sind um vor dem Problem nicht paralysiert stehen zu bleiben. Worüber ich hier spreche ist die Extremform davon. Destruktiver Narzissmus entsteht dann wenn Menschen dieses mentale Werkzeug überstrapazieren. Die gefühlte Bedrohung ist so gross das sie im überschwänglichen Mass in die Selbstüberhöhung flüchten. Mit verheerenden Auswirkungen für ihr Umfeld. Dieser psychologische Ausnahmefall wird auch narzisstische Persönlichkeitsstörung und kommt schätzungsweise bei nur 2% der Bevölkerung vor.

Um eine narzisstische Persönlichkeitsstörung sicher zu diagnostizieren braucht es die Einschätzung eines Experten. Mit dem folgenden Tests kannst du auf einfache Art und Weise erste Warnsignale ausmachen. Eine erste Wahrscheinlichkeitsschätzung wenn du so willst. Narzissmus existiert auf einem Spektrum und auf keine Person treffen alle Kriterien zu.

Was ich aber hingegen sicher weiss ist das folgende. Wenn du nach dem folgenden Test das Gefühl hast das mit deinen Eltern etwas nicht stimmt: Bitte hohl dir professionelle psychologische Hilfe. Intuitiv erwarten wir hinter dem Hilfe holen eine persönliche „Schwäche“.  Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir demonstrieren Stärke und zeigen uns wehrhaft. All die Jahre in denen ich mich in die Psychologie und Introspektion versenkt hab wiegen nicht annähernd den entscheidenden Schub auf den ich bekommen hab als ich mir professionelle Hilfe geholt hab.

Der Test

Der folgende Test stammt aus dem Buch von Nina Brown “Kinder egozentrischen Eltern” (Junfermannsche Verlagsbuchhandlung, Paderborn 2010),

Was nun folgt sind charakteristische Verhaltensweisen von Menschen mit destruktivem Narzissmus. Bitte liess dir zuerst die Beschreibung aller Kriterien durch bevor du anschliessend den Fragebogen ausfüllst.

Größenwahn

Die Person neigt dazu, sich selbst als eine Art Supermensch zu sehen, was mit unrealistischen Erwartungen in Bezug auf Erfolg, Leistung, Reichtum und dergleichen einhergeht. Sie glaubt, immer gewinnen zu müssen und als Einzige zu wissen, was für andere das Beste ist.

Anspruchshaltung

Eine Person mit dieser Einstellung geht davon aus, dass andere lediglich eine Erweiterung ihrer selbst sind, so dass sie somit ihrer Kontrolle unterliegen und nur dazu da sind, ihre Bedürfnisse zu erfüllen – die unausgesprochenen inbegriffen. Mitmenschen werden nicht als eigenständige und besondere Individuen anerkannt. Die Person erwartet und besteht auf bevorzugter Behandlung und ist der Auffassung, dass ihre Bedürfnisse Vorrang vor denen der anderen haben sollten.

Mangel an Einfühlungsvermögen

Die Person ist gleichgültig gegenüber den Auswirkungen, die ihre kritischen, erniedrigenden und abwertenden Kommentare und Bemerkungen haben, erwartet aber gleichzeitig Einfühlungsvermögen von anderen. Sie gibt anderen ständig die Schuld für ihre Fehler und unveränderliche Tatsachen.

Erweiterungen des Selbst

Da die Person andere nicht als getrennt von sich selbst versteht, erwartet sie Gefallen, ohne diesen zu erwidern. Sie gibt Befehle und geht von deren prompter Durchführung aus. Des Weiteren erwartet sie, dass andere ihre Gedanken lesen und wissen, was sie will, ohne es aussprechen zu müssen. Sie stellt aufdringliche persönliche Fragen und sagt anderen, was sie tun soll(t)en, wobei sie deren Existenz und Grenzen nicht respektiert.

Verarmtes Selbst

Das für das verarmte Selbst typische Verhalten beinhaltet ständiges Jammern darüber, wie benachteiligt, außen vorgelassen und herabgesetzt die Person ist, auch wenn keinerlei Beweise für diese Sichtweise existieren. Sie neigt dazu, sich selbst gering zu schätzen, reagiert aber wütend oder verletzt, wenn andere zustimmen. Sie benutzt Selbstherabwürdigung, um andere dazu zu bringen, ihr zu widersprechen.

Aufmerksamkeit suchend

Die meisten hierfür typischen Verhaltensweisen sind leicht zu erkennen, da die Person sie gewöhnlich fast alle und fast immer an den Tag legt. Sie spricht nicht nur laut, sondern auch viel. Sie betritt und verlässt Räume geräuschvoll, kleidet sich entsprechend, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und gestikuliert wild.

Bewunderung suchend

Hiermit verbundene Verhaltensweisen werden ständig aus-geführt, um öffentliche Zustimmung und Billigung zu erhalten, nach denen sich der Elternteil als externe Zeichen von Wert, Überlegenheit und dergleichen sehnt. Die Person prahlt, gibt mit ihren Fähigkeiten an und empfiehlt sich selbst für Auszeichnungen und andere Anerkennungen. Sie reagiert auf Schmeicheleien, erkennt aber unaufrichtige Komplimente nicht.

Oberflächliche Emotionen

Diese Person zeigt und fühlt wenige Emotionen, gewöhnlich nur Wut und Angst. Sie besitzt einen Wortschatz für Gefühle, der jedoch nur aus leeren Phrasen besteht.

Neid

Diese Person drückt Neid aus, wenn sie Dinge sagt und tut, die ihren Ärger über den Erfolg, die Fähigkeiten, den Besitz oder die Möglichkeiten anderer widerspiegeln. Denn aus ihrer Sicht verdient sie dies mehr als andere. Gefühle des Neides können das verarmte Selbst hervorrufen.

Geringschätzung

Geringschätzung ist Teil des Überlegenheitsgefühls, bei dem die Person denkt, andere seien weniger verdienstvoll, wertvoll oder geschätzt. Sie äußert gewöhnlich negative und geringschätzige Kommentare über den Wert anderer, wie z.B. dass arme Menschen keine Hilfe verdienen.

Arroganz

Diese Einstellung, sich anderen hochgradig überlegen zu fühlen, zeigt sich in entsprechenden Verhaltensweisen, wie herablassend mit diesen Menschen zu sprechen. Die Person scheut nicht davor zurück, andere wissen zu lassen, dass sie sie als unterlegen ansieht, und weist oft auf ihre eigene Überlegenheit hin.

Leere im Kern des Selbst

Die „leere“ Person empfindet Beziehungen als für ihre eigene Bequemlichkeit existierend und springt von einer zur nächsten, ohne dabei jemals in der Lage zu sein, echte Verbindungen zu knüpfen. Es ist ihr nicht möglich, be-deutende, zufriedenstellende und anhaltende Beziehungen zu formen und aufrecht-zuerhalten. Sie wird sehr ängstlich, wenn sie alleine ist und scheint sich nach Aktivität zu sehnen oder sie regelrecht zu benötigen.

Großziehen und Fürsorge – vertauschte Rollen

Im Gegensatz zu der üblichen Erwartung wird in diesem Fall das Kind für das Wohlergehen der Eltern verantwortlich gemacht. Verhaltensweisen, die diese Einstellung signalisieren, können wie folgt lau-ten: „Wenn du mich liebst, würdest du …“; „Ich liebe dich, wenn du ..“; „Willst du nicht, dass ich dich liebe?“; „Du gibst mir ein gutes Gefühl, wenn du …“; „Ich mag es nicht, wenn du mich enttäuschst.“; „Kannst du nie das tun, was ich von dir möchte oder brauche?“

Sonnt sich im Glanze des Kindes

Dieser Elternteil erwartet, dass das Kind wird, wie er es sich wünscht, und dass es tut, was er verlangt, wie z.B. im Sport oder bei Schulak-tivitäten hervorzustechen oder andere Talente zu zeigen. Das Kind muss sehr erfolgreich sein, damit der Elternteil nicht unzufrieden ist. Er nimmt die Wünsche des Kindes nicht wahr oder ignoriert sie sogar.

Intolerant gegenüber den Werten und Bedürfnissen des Kindes

Die Person kann das Kind nicht als eigenständiges und von anderen abgrenzbares Individuum wahr-nehmen, sondern nur als eine Erweiterung ihrer selbst. Eine abweichende Meinung oder gar Kritik kann sie nicht tolerieren, da sie meint, immer als perfekt gesehen werden zu müssen. Sie beschuldigt das Kind für eigene scheinbare Unzulänglichkeiten und Fehler.

Nutzt andere aus

Dieses Verhalten und diese Einstellungen sind ebenfalls Ausdruck der Unfähigkeit, andere als eigenständige, andersartige und wertvolle Individuen wahrzunehmen und auf diese Weise mit ihnen in Verbindung zu treten. Mitmenschen scheinen nur zu ihrem Vorteil zu existieren und Opfer ausnutzender Verhaltensweisen zu sein. Dazu gehören: unfairen Vorteil aus anderen zu ziehen, sie zu mani-pulieren, um den eigenen Willen durchzusetzen, und unverdientes Lob zu ernten.

Bewerte nun deine Eltern auf der Grundlage der unten stehenden Aussagen, wobei du die folgende Wertskala und die vorausgegangenen Definitionen benutzen sollst.

Die DNM-Skala angewandt auf Ihre Eltern

5 → ähnelt Ihrem Elternteil sehr; immer oder fast immer

4 → entspricht oft Ihrem Elternteil; sehr häufig

3 → manchmal wie Ihr Elternteil; in vielen Fällen

2 → ab und an wie Ihr Elternteil; unregelmäßig

1 → überhaupt nicht wie Ihr Elternteil; nie oder fast nie

1.   Grössenwahn54321
2.   Anspruchshaltung54321
3.   Mangel an Einfühlungsvermögen54321
4.   Erweiterung des Selbst54321
5.   Verarmtes Selbst54321
6.   Aufmerksamkeit suchend54321
7.   Bewunderung suchend54321
8.   Oberflächliche Emotionen54321
9.   Neid54321
10.   Geringschätzung54321
11.   Arroganz54321
12.   Leere im Kern des Selbst54321
13.   Grossziehen & Fürsorge – vertauschte Rollen54321
14.   Sonnt sich im Glanze des Kindes54321
15.   Intolerant gegenüber den Werten und Bedürfnissen des Kindes54321
16.   Nutzt andere aus54321

Bewertung: Addiere deine Einschätzungen, um die Endsumme zu erhalten. Benutze die folgenden Erklärungen als Leitschnur zum besseren Verständnis der Bewertung.

65-80
Der Elternteil zeigt sehr viele für das DNM typische Verhaltensweisen und Einstellungen.

49-64
Der Elternteil zeigt viele für das DNM typische Verhaltensweisen und Einstellungen.

33-48
Der Elternteil zeigt einige für das DNM typische Verhaltensweisen und Einstellungen.

17-32
Der Elternteil zeigt ein paar für das DNM typische Verhaltensweisen und Einstellungen.

0-16
Der Elternteil zeigt (fast) keine für das DNM typische Verhaltensweisen und Einstellungen.

Was du beim Durcharbeiten dieses Bewertungsbogens sicher festgestellt hast ist, dass dein Elternteil einige der Eigenschaften besitzt, andere jedoch nicht, oder dass er zumindest bei einigen Punkten eine niedrigere Bewertung erzielt. Wenn deine Einschätzung deines Elternteils einen Wert von 49 oder höher erreichte, besitzt er deinem Empfinden nach viele Charakteristika der Egozentrik. Es ist jedoch wichtig, sich vor Augen zu halten, dass diese Beschreibungen und Kategorien nicht endgültig sind. Sie dienen lediglich als erste Anhaltspunkte.

Dies ist nur ein sehr wertvolles Tool aus dem Buch von Nina Brown. Ich kann es nur wärmstens empfehlen.

Ein Erfahrungsbericht

Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können das mit meinem Vater etwas nicht stimmt. Ich war im Gegenteil begeistert von ihm. Gerne will ich den neutralen Test mit einem persönlichen Beispiel ausmalen. Wie fühlt es sich an bei einem egozentrischen Vater aufzuwachsen?

Bis zu meinem 26. Lebensjahr war Psychologie eine interessante Nebensache. Vielmehr sind mir über diesen Zeitraum merkwürdige und verblüffende Verhaltensweisen meines Vaters aufgefallen. Diese Bruchstücke der Erkenntnis liessen sich damals noch nicht zu einem konsistenten Bild fügen.

Die anfängliche Sichtweise war geprägt von einem überlebensgrossen und fantastischen Bild von meinem Vater. Doch selbst als die natürliche Überhöhung, die einem kleinen Kind gegenüber seinem Vater innewohnt, verflogen war setzte sich die Faszination fort. Er konnte unheimlich gewinnend und charmant sein. Er hat andere Menschen mit seiner Intelligenz und originellen Art spielend in seinen Bann gezogen. Dann badete er in der Aufmerksamkeit und der Bewunderung. Ich war begeistert wie mühelos er fremde Menschen ansprechen konnte und wie mitreissend er gewirkt hat. Überhaupt hatte er, vor allem aus der Perspektive eines Kindes, etwas Fantastisches an sich. Gefühlt mehr in der Fantasie als in der Realität verankert. Er hat eindrucksvoll und in leuchtenden Farben seine komplett eigene Welt gezeichnet. Eine die sich mit der Realität der Firmenfinanzen und Verantwortlichkeiten eines Familienvaters und Firmenbesitzers nur selten überschnitten. Dieser kindliche Enthusiasmus hat einem kleinen Jungen imponiert.

Dieses Selbstbewusstsein hat auch verblüffend gut in der Berufswelt funktioniert. Eloquentes gewinnendes Auftreten, grosse Kreativität und technisches Hintergrundwissen erzielten ihre Wirkung. Eine faszinierende Menschenkenntnis, er las in Menschen wie in Büchern, und die fast schon übertriebene Bereitschaft Risiko einzugehen kamen hinzu. Sein Selbstbewusstsein wirkte ansteckend. Phasenweise war er zudem höchst leistungsfähig.

Zusammentreffen mit Ihm waren oft ein Wechselbad der Gefühle. Eine Art Wirbelsturm der sich nicht voraus berechnen liess. Mal hörte man fast tagelang nichts von ihm nur um dann Zeuge von einem Wutausbruch sondergleichen zu werden. Keine physikalische Formel um die Schäden abschätzen zu können. Von scheinbar grundlos wütend zu gespenstisch freundlich wurde das volle Spektrum gespielt. Ein Mann aus Wut. Nur eines war sicher, wenn der Wirbelsturm gewütet hatte blieb ein Bild der Verwüstung zurück. Die ständige Angespanntheit darüber wann der nächste Vulkan ausbricht brachte uns dazu auf „Eierschalen“ zu laufen.

Auch wenn viele Details Erinnerungen inzwischen verblasst sind bleibt eine Art der Erinnerung so lebendig wie eh und je. Nach einem Zusammentreffen mit ihm fühlte man sich merkwürdig schlecht und kraftlos. Waren es die endlose Beeinflussung, die direkten Attacken oder ein stummer Alarm das einem die Kraft wie ausgesaugt wurde?   Energie Level, Konzentration und Zuversicht waren nach einem Treffen mit Ihm merkwürdig aufgebraucht.

Die Interaktion drehte sich ausschliesslich um eine Person, Ihn. A priori war gesetzt in welche Richtung die Diskussion lief. Die Bedürfnisse oder Anforderungen der Anderen waren wie ausgeblendet. Es kann sogar sein das bei Beginn einer Unterhaltung oberflächlich auf das eigene Anliegen eingegangen wird. Wie selbstverständlich waren diese Themen gerade unwichtig oder seine Themen einfach dringender. Ich war jedes Mal wieder verblüfft wenn er ein Gespräch im Nu um 180 Grad gedreht hatte. Ich hab mich dann gefragt wie es nur sein konnte das wir auf einmal nicht enden wollende Gespräche über etwas vollkommen Anderes hatten. Irgendwann zwischendurch war das eigene Anliegen dann wie vergessen. Er war die Sonne um die sich alle Planeten drehten.

Auffallend war auch wie selbstverständlich er andere Menschen eingesetzt hat um seine Ziele zu erreichen. Von der Kindeserziehung, über Haushalt und Beruf bis zum Pflegen der eigenen Eltern wusste er sich immer geschickt seiner Helferlein zu bedienen. „Ich kann Gehirnwäsche mit Menschen machen“ hat er mir einmal ganz stolz erzählt. Es war wie wenn er darüber berichtet hätte sich gut Namen merken zu können. In seiner Wahrnehmung scheinbar das normalste Welt. Die Selbstverständlichkeit in der das passiert ist war verblüffend. In dem Moment in dem man eigentlich hätte bitterlich protestieren müssen brauchte es geraume Zeit um das Gesagte erstmal zu verarbeiten. All die kleinen Tricks und „Kavaliersdelikte“ sind damals komplett an mir vorbeigegangen. Die Mechanik der Manipulation blieb verborgen. Meisterhaft hat er er uns gegeneinander ausgespielt.

Mir ist damals nicht aufgefallen wie viel Alkohol er getrunken hat. Die Kiste Wein die gerne als Bezahlung für eine Auftragsarbeit angenommen wurde. Der Alkoholkonsum bei Anlässen mit den Kunden. All das wirkte nicht weiter verdächtig. Wie ich später erfahren habe muss es so eine Kiste Wein pro Woche gewesen sein. Nie war er allerdings sichtbar betrunken oder hat die Kontrolle verloren.

Am Ende behielt nur eine Person Recht. Der Ausgang einer offenen Diskussion schliesst immer mit ein möglicherweise falsch gelegen zu haben. Die Möglichkeit durch neue Informationen zu einem anderen Standpunkt zu kommen. Bei ihm ausgeschlossen. A priori hat er Recht, das musste nur noch in der „Diskussion“ herausgearbeitet werden. Wie viele vermeintliche „Diskussionen“ wir hatten die in echt Schauprozesse gewesen sind. Stundenlang wurde meine Mutter für psychisch krank (welch Ironie), die Finanzen für blendend und er für unterschätzt erklärt. Ein Gehirn-Waschgang in der Endlosschleife.

Eine Fähigkeit die er zur Meisterschaft gebracht hat ist die Schwach und Sollbruchstellen in Menschen zu erkennen. Virtuos wusste er welche Knöpfe er betätigen musste um Wirkung zu erzielen. Die Angst Verlassen zu werden meiner Mutter wusste er besonders gut zu bedienen. Die Andeutung das er gleich die Koffer packen geht hat oft schon gereicht um sie komplett aus der Fassung zu bringen. Er hat in Menschen gelesen wie in Büchern. Seine Lieblingskapitel waren verborgene Ängste, Schuld und Schamgefühle.

Wirkliche Nähe, über den Schauspielauftritt hinaus, konnte er nur schwer aushalten. Überhaupt schienen ihm wirkliche Emotionen merkwürdig fremd. Wohl konnte er sie meisterhaft erkennen und vortäuschen. Aber sie bewegten in ihm scheinbar wenig. Wie eine Fremdsprache die er nicht sprach. Auf eine Art blieb er seltsam leer. Die einzige Emotion die er im Übermass erlebte war die Wut. Ein Mann aus Wut, gerechtem Zorn und Rache.

Das Gefühl das sich bei mir breit gemacht hat ist das nie gut genug sein zu können. Unter grosser Anstrengung hab ich diesem unrealistischen Nordstern nachgeeifert. Überlebensgrosse Standards die ich verinnerlicht hatte. Nur um herauszufinden das es kein gut genug gab. Zusammen mit dem Gefühl das es doch nicht sein kann, so viel investiert zu haben und nichts zurück zu bekommen. Immer wieder der Gedanke das hinter der nächsten Verrenkung die finale Anerkennung wartet. Sie sollte nie kommen.

Auffällig war auch eine äusserst dünne Schmerzgrenze gegenüber Kritik und negativem Feedback. Jeder der es wagte ihn in Frage zu stellen musste sich warm anziehen. Der vermeintliche „Angreifer“ bekam das volle Arsenal aus Abwertung, Beleidigung und Erniedrigung zu spüren. Der verblüffte Kritiker wusste oft nicht einmal wie ihm geschieht. Ab einem bestimmten Punkt hat die Kraft gefehlt überhaupt noch Kritik anzubringen.

Erkenntnisreich auch die routinemässige Krank Erklärung aller Anderen. Glaubwürdige und zielgenau vorgetragene Diagnosen was mit den Anderen alles psychologisch und sonst wie nicht stimmt. Welch Ironie das der amtierende Psychologe hier der eigentliche Patient war.  Wie wenn er tief im Inneren zumindest geahnt hat das er „krank“ sein könnte. Da dieser Tiefschlag in die psychische Gesundheit aber zu bedrohlich gewesen wäre wird er auf die Aussenwelt projiziert.

Ergänzt werden diese Beobachtung noch um ein ausgeprägtes Anspruchsdenken. Ein Überlegenheitsgefühl das zu quasi allem berechtigt. Mit entsprechender Arroganz und Überheblichkeit musste sich das Umfeld unterordnen. Ein unausgesprochenes Gesetz das seine Bedürfnisse zuerst und vollständig zu erfüllen sind. Verbunden mit einen automatischen Ausblenden der Bedürfnisse von Anderen. Wie selbstverständlich standen ihm Aufmerksamkeit, finanzielle Mittel und die Verfügbarkeit der Anderen zu.

Dies sind einige der vielen Beobachtungsbruchstücke über all die Jahre. Niemals hätte ich geahnt das diese sich in einem recht eindeutigen Störungsbild der menschlichen Psyche vereinen liessen. Zusammengefasst lassen sich folgende persönliche Beobachtungen festhalten:

  • Charmantes und gewinnendes Auftreten
  • Grandiosität
  • Unberechenbarkeit
  • Nach einem Treffen fühlt man sich merkwürdig schlecht und kraftlos
  • Beruflicher Erfolg
  • Es dreht sich alles um Ihn. Eigene Bedürfnisse werden nicht anerkannt
  • Manipulatives Verhalten
  • Tendenz zur Sucht
  • Behält immer Recht
  • Erkennt virtuos die Schwachpunkte von Menschen
  • Tut sich schwer damit echte Emotionen und Nähe auszudrücken
  • Sehr selten echte Freundschaften.
  • Wirkt merkwürdig leer
  • Mann kann es ihm nicht recht machen
  • Ungläubigkeit schon so viel in die Beziehung investiert zu haben und die verzweifelte Hoffnung darauf das noch etwas zurückkommt.
  • Kann nicht mit Kritik umgehen
  • Hält alle Anderen für Krank
  • Ausgeprägtes Anspruchsdenken und Überlegenheitsgefühl

Auch diese Liste ist kein 100% Werkzeug um eine Persönlichkeitsstörung auszumachen. Vielmehr gibt es unterschiedliche Ausprägungen auf dem narzisstischen Spektrum. Jeder Hinweis für sich gesehen sagt rein gar nichts aus. Erst wenn mehrere Warnsignale sich ins Gesamtbild fügen wird ein egozentrisches Gegenüber wahrscheinlicher. Der Massstab sollte meiner Meinung nach immer das persönlich Wohlbefinden sein. Selbst eine nur leicht erhöhte narzisstische Ausprägung kann eine ernsthafte Auswirkung auf deine psychische Gesundheit haben.

Abschliessende Betrachtungen

Oft merkt es das neutrale Umfeld zuerst. Gerade wenn man bei einer betroffenen Elternteil aufgewachsen ist ist die Chance hoch das ein objektives Urteil beeinträchtigt ist. Für ein Kind ist es sehr bedrohlich anzuerkennen das mit den eigenen Eltern etwas nicht stimmen könnte. Starke Verteidigungsmechanismen verhindern eine rationale Herangehensweise. Zudem kann der Narzisst geschickt darin sein dich zu manipulieren. Auch sorgt er in vielen Fällen dafür das die Verbindung zu deinem sonstigen Umfeld so weit wie möglich eingeschränkt wird. Ich glaube das ist der Punkt wo die Introspektion fehl schlägt. Ich selber hab mich jahrelange mit Psychologie beschäftigt. In meinen kühnsten Träumen wäre ich nicht auf die Idee gekommen das mit meinem Vater etwas nicht stimmt. Eine neutrale Person in meinem Umfeld hat mir den alles entscheidenden Tipp gegeben. Ich kann es nur nocheinmal betonen. Professionelle psychologische Hilfe zu holen ist aus meiner Sicht mit Abstand das wichtigste Werkzeug das uns zur Verfügung steht.

Erst recht der Narzisst selber erkennt es nicht. Es gibt einen anhaltenden Diskurs darüber ob Narzissmus überhaupt als eine psychische Krankheit bezeichnet werden soll. Wenn das Kriterium einer Krankheit ist das die betroffene Person darunter leidet trifft das nur eingeschränkt auf den Narzissten zu. Wer jedoch ganz sicher immens unter den Auswirkungen leidet ist sein Umfeld. Narzissten selber suchen zum Beispiel fast nie selber einen Psychologen auf.

Das vernachlässigte Bauchgefühl. Einen Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung zu erkennen ist äusserst schwierig. Es braucht ein geschultes Auge und genug Neutralität um überhaupt eine Chance zu haben. Es klingt klischeehaft aber vielleicht ist unsere beste natürliche Art es zu erkennen unser Bauchgefühl. Nachdem ich gegangen war ist mir aufgefallen wie merkwürdig fremd diese Personen wirken. Alle menschlichen Emotionen ausser Wut und Zorn wirkten für meinen Vater eher wie eine fremde Sprache die er nicht verstehen konnte. Eine andere Lebensform von einem weit entfernten Planeten. Auf keinen Fall würde ich mich allerdings allein auf das Bauchgefühl verlassen. Dein Bauchgefühl und der erwähnte Test oben können wichtige Indizien sein um einen Verdacht zu erhärten. Um dann mit diesem Verdacht einen psychologischen Experten aufzusuchen. Alles andere ist aus meiner Sicht Umdekorieren der Tische auf der Titanic.

Falls dich meine kompletter Erfahrungsbericht interessiert hab ich ihn unter folgendem Link niedergeschrieben:

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